Die Prioritäten der Schulsenatorin

05.09.2023 Vor zwei Tagen war die Schulsenatorin Günther-Wünsch zu Gast beim Berliner Erzbischof Dr. Heiner Koch im St. Joseph im Wedding. Anlass war die feierliche Verleihung der Missio Canonica an katholische Religionslehrer. Dort lobte sie den Religionsunterricht mit bemerkenswerten Argumenten:

„Es geht darum, Kinder und Jugendliche mit Bekenntnissen zu konfrontieren, damit sie sich damit auseinandersetzen können und daran wachsen. Deshalb – und so viel politische Werbung sei mir hier erlaubt – wollen wir hier in Berlin den Religionsunterricht wieder aufwerten. Ich werde dafür werben und kämpfen. Wir sind in intensivem Austausch, wie wir das organisieren.“

Günther-Wünsch, https://www.erzbistumberlin.de/medien/pressestelle/aktuelle-pressemeldungen/pressemeldung/news-title/seien-sie-das-salz-in-der-suppe-8892/

Konfrontieren also, auf dass sie sich damit auseinandersetzen. Doch die Auseinandersetzung, das kritische Vergleichen, das wägende Prüfen ist hier nicht gemeint. Religionsunterricht ist Glaubensunterweisung in genau einem Bekenntnis. Kritisch auseinandersetzen sollen sich die Kinder und Jugendlichen offenbar nur mit anderen religiösen Bekenntnissen. Die Religion selbst als Ideologie in Frage stellen sollen sie nicht – religionsfreie oder gar religionskritische Ansichten sind ja kein Bekenntnis.

Für eine kompetente Diskussion müssten die Schüler über Fachwissen und Maßstäbe verfügen, mit dem sie die Sinnhaftigkeit von religiösen Bekenntnissen bewerten können. Wer aber ab der ersten Klasse mit der biblischen Schöpfungsgeschichte „konfrontiert“ wird und von der Evolutionstheorie erst in der zehnten Klasse etwas hört,  hat nicht das Rüstzeug, um sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen.

„Ich bin der festen Überzeugung: Kein Berliner Schüler, keine Berliner Schülerin wird etwas verlieren, wenn er oder sie einen Religionsunterricht besucht – aber er oder sie kann eine Menge gewinnen.“

Günther-Wünsch, a.a.O.

Doch, die Schüler verlieren Wesentliches: den freien Blick und Zeit, um Wichtiges zu lernen. Religion habe „etwas Freigeistiges“, behauptet die Senatorin. Das ist mehr als befremdlich. Wie kann eine dogmengestützte Ideologie auch nur einen Hauch von freiem Denken haben?

Die Berliner sind mehrheitlich atheistisch. Religionsunterricht findet in vielen Schulen, wenn überhaupt, nur noch als AG statt. Dennoch ist die Schulsenatorin im intensiven Austausch, wie der Religionsunterricht wieder Gewicht bekommen soll. Damit qualifiziert sie sich als Kirchenlobbyistin.

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